Christ My Song - 194
So komm, geliebte Todesstund - Doch, Jesus, deine Liebe macht (Sophie Elisabeth von Sachsen-Zeitz/Johannes Thomas Rüegg)
Doch, Jesus, deine Liebe macht.
1. So komm, geliebte Todesstund,
komm, Ausgang meiner Leiden;
ich seufz aus diesem Sündengrund
nach jenen Himmelsfreuden.
Ach liebster Tod, komm bald heran,
ich warte mit Verlangen,
mit weißen Kleidern angetan,
vor Gottes Thron zu prangen. PDF - Midi
2. Ihr schwachen Glieder scheuet zwar,
so früh entseelt zu werden,
die Seele selber kann nicht gar
ohn alle Pein der Erden,
darinnen sie bisher gelebt,
den letzten Abschied sagen.
Bald ist sie freudenvoll, bald schwebt
sie wieder voller Zagen.
3. Doch, Jesus, deine Liebe macht
mir alle Furcht verschwinden;
ich werd in dieser Todesnacht
dich, Lebensfürsten, finden.
Ich finde, ja ich halte dich,
mein Leben, mein Verlangen;
mein Leben, du wirst selber mich
mit deinem Licht umfangen.
4. Drum sterb ich nicht in diesem Tod,
der Tod ist nur mein Leben;
nach kurzem Kampf, nach kurzer Not
ist dort ein ewig Schweben
voll Herrlichkeit, voll Ruh und Freud,
voll Fried, voll Trost, voll Wonne,
voll Seligkeit, wo allezeit
Gott selber ist die Sonne.
5. Der Herzog meines Lebens ist
durch Tod zum Leben gangen,
und ich werd auch zu meinem Christ
auf diesem Weg gelangen.
Der letzte Schritt zur Seligkeit
geschieht durch selig Sterben.
Ist er, mein Haupt, in Herrlichkeit,
wie soll sein Glied verderben?
6. Drum zage nicht, mein schwacher Sinn,
verlass den Leib der Erden:
wirf alles Eitle willig hin,
die Erd muss Erde werden.
Die Seele bleibt in Gottes Hand
bei solchem Wohlvergnügen,
das nur der Geist und kein Verstand
anjetzt begreifen mögen.
7. Auch wird die schöne Freudenzeit
am End der Zeit entdecken,
dass Gott der Seele vorig Kleid
auch aus dem Staub erwecken
und ewig herrlich machen kann;
da wird sein volle Wonne,
wenn wir mit Klarheit angetan
dort leuchten wie die Sonne.
8. An uns stirbt nichts als Sterblichkeit,
wir selbst sind unverloren;
der Leib wird nur der Last befreit
und himmlisch neu geboren.
Denn was man hier verweslich sät,
was hier verdirbt im Dunkeln,
das wird, sobald es aufersteht,
voll Glanz und Schönheit funkeln.
9. Drum gebt, ihr schwachen Glieder ihr,
euch willig hin der Erden;
es wird von eurer Zahl und Zier
gar nichts verloren werden.
Die Haut, die vormals euch bedeckt,
wird dort mich wieder kleiden,
wenn ich in meinem Fleisch erweckt,
beschaue Gott mit Freuden.
10. Dem ich im Glauben hier gedient,
der wird mich dorthin bringen,
wo tausend, tausend vor ihm sind
und ewig Heilig singen.
Da werd ich seine Herrlichkeit
mit meinen Augen sehen,
und was in Zeit und Ewigkeit
von ihm mir Guts geschehen.
11. Gott selbst mit seinem Angesicht
wird ewig mich erquicken;
so werd ich auch in seinem Licht
mir selber ihn erblicken.
O Herrlichkeit! Wie find ich mich,
wenn engelreine Seelen
mit sonnenklaren Leibern sich
vor Gottes Stuhl vermählen!
Sophie Elisabeth von Sachsen-Zeitz, in: Johann Porst (Hrsg.),
Geistliche und liebliche Lieder, 1896, Lied 882.
Dort ohne Nennung der Verfasserin.
(Übrigens: Die Melodie entstand zur dritten Strophe
der dänischen Version, die mir beim Blättern durch
Brorsons Troens rare klenodie in die Augen fiel
und meine Aufmerksamkeit fesselte.
Die deutsche Version entdeckte ich erst
viel später beim Nachforschen.)