Christ My Song - 2422
Barmherzger Vater, höchster Gott!
(Paul Gerhardt/Johannes Thomas Rüegg)
Barmherzger Vater, höchster Gott!
1. Barmherzger Vater, höchster Gott!
gedenk an deine Worte;
du sprichst: "Ruf mich an in der Not
und klopf an meine Pforte,
so will ich dir
Errettung hier
nach deinem Wunsch erweisen,
dass du mit Mund,
aus Herzensgrund
in Freuden mich sollst preisen." PDF - Midi
2. Befiehl dem Herren früh und spat
all deine Weg und Sachen;
er weiß zu geben Rat und Tat,
kann alles richtig machen.
Wirf auf ihn hin,
was dir im Sinn
liegt und dein Herz betrübet;
er ist dein Hirt,
der wissen wird
zu schützen, was er liebet.
3. Der fromme Vater wird sein Kind
in seine Arme fassen,
und die gerecht und gläubig sind,
nicht stets in Unruh lassen.
Drum, lieben Leut,
hofft allezeit
auf den, der völlig labet;
dem schüttet aus,
was ihr im Haus
und auf dem Herzen habet.
4. Ach süßer Hort, wie tröstlich klingt,
was du versprichst den Frommen:
"Ich will, wenn Trübsal einher dringt,
ihm selbst zu Hilfe kommen.
Er liebet mich,
drum will auch ich
ihn lieben und beschützen.
Er soll bei mir
im Schoße hier
frei aller Sorgen sitzen."
5. Der Herr ist allen denen nah,
die sich zu ihm nur finden;
wenn sie ihn rufen, steht er da,
hilft fröhlich überwinden
all Angst und Weh,
hebt in die Höh,
die schon danieder liegen.
Er macht und schafft,
dass sie viel Kraft
und große Stärke kriegen.
6. Fürwahr, wer meinen Namen ehrt,
spricht Christus, und fest gläubet,
des Bitten wird von Gott erhört,
seins Herzens Wunsch bekleibet;
so tret heran,
denn jedermann,
wer bittet, wird empfangen,
und wer da sucht,
der wird die Frucht
mit großem Nutz erlangen.
7. Hört doch, was jener Richter sagt:
"Ich muss die Witwe hören,
dieweil sie mich so treibt und plagt."
Sollt denn sich Gott nicht kehren
zu seiner Schar,
die hier und dar
bei Nacht und Tage schreien?
Ich sag und halt,
er wird sie bald
aus aller Angst befreien.
8. Wenn der Gerecht' in Nöten weint,
will Gott ihn fröhlich machen,
und die zerbrochnen Herzens seind,
die sollen wieder lachen.
Wer fromm will sein,
muss in der Pein
auf Jammer-Straßen wallen;
doch steht im bei
des Höchsten Treu
und hilft ihm aus dem allen.
9. "Ich hab dich einen Augenblick,
o liebes Kind, verlassen;
sieh aber, sieh, mit großem Glück
und Trost ohn alle Maßen
will ich dir schon
die Freudenkron
aufsetzen und verehren;
dein kurzes Leid
soll sich in Freud
und ewges Heil verkehren."
10. Ach lieber Gott, ach Vaterherz,
mein Trost seit vielen Jahren,
wie lässt du mich so manchen Schmerz
und große Angst erfahren!
Mein Herze schmacht't
mein Aug erwacht
und weint sich krank und trübe,
mein Angesicht
verliert sein Licht
vom Seufzen, das ich übe.
11. Ach Herr! wie lange willst du mein
so ganz und gar vergessen?
Wie lange soll ich traurig sein
und mein Leid in mich fressen?
Wie lang ergrimmt
dein Herz und nimmt
dein Antlitz meiner Seelen?
Wie lange soll
ich sorgenvoll
mein armes Herze quälen?
12. Willst du verstoßen ewiglich
und kein Guts mehr erzeigen?
Soll dein Wort und Verheißung sich
nun ganz zu Grunde neigen?
Zürnst du so sehr,
dass du nicht mehr
dein Heil magst zu mir senden?
Doch, Herr, ich will
dir halten still,
dein' Hand kann alles wenden.
13. Nach dir, o Herr, verlanget mich,
im Jammer dieser Erden.
Mein Gott! ich harr und hoff auf dich,
lass nicht zuschanden werden,
Herr, deinen Freund,
dass nicht mein Feind
sich freu und jubiliere.
Gib mir vielmehr,
dass ich zur Ehr
aufsteig und triumphiere.
14. Ach Herr, du bist und bleibst auch wohl
getreu in deinem Sinne;
darum, wenn ich ja kämpfen soll,
so gib, dass ich gewinne.
Leg auf die Last,
die du mir hast
beschl0ssen aufzulegen;
leg auf, doch dass
auch nicht das Maß
sei über mein Vermögen.
15. Du bist von ungebundner Kraft,
ein Held, der alles stürzet,
du hast ein' Hand, die alles schafft,
die ist noch unverkürzet.
Herr Zebaoth
wirst du, mein Gott,
genannt zu deinen Ehren,
bist groß von Rat,
und deiner Tat
kann keine Stärke wehren.
16. Du bist der Tröster Israel
und Retter aus Trübsalen.
Wie kommt's denn, dass du meine Seel
jetzt sinken lässt und fallen?
Du stellst dich fast
gleich einem Gast,
der fremd ist in dem Lande,
und wie ein Held,
dem's Herz entfällt
mit Schimpf und großer Schande.
17. Nein Herr, ein solcher bist du nicht,
des ist mein Herz gegründet,
du stehest fest, der du dein Licht
hier bei uns angezündet;
ja hier hältst du,
Herr, deine Ruh,
bei uns, die nach dir heißen,
und bist bereit,
zu rechter Zeit
sie aus der Not zu reißen.
18. Nun, Herr, nach aller dieser Zahl
der jetzt erzählten Worte,
hilf mir, der ich so manches Mal
geklopft an deiner Pforte;
hilf, Helfer, mir,
so will ich hier
dir Freudenopfer bringen,
und nachmals dort
dir fort und fort
im Himmel herrlich singen.
(Um 1661.)
Paul Gerhardt, in: Geistlicher Liederschatz, 1842, Lied 929.
(6,5 'bekleibet' hier vielleicht im Sinn von 'trägt Frucht'.)