Christ My Song - 1974
Hör ich euch wieder, ihr Töne des Frühlings, erklingen - Loblied
(Meta Heusser-Schweizer/Johannes Thomas Rüegg)
Loblied.
Im Vorfrühling, unter den ersten Gesängen der Vögel.
1. Hör ich euch wieder, ihr Töne des Frühlings, erklingen,
jubelnde Stimmen des Preises sich himmelwärts schwingen?
Tief in der Brust
regt sich die sehnende Lust,
mit euch ein Loblied zu singen. PDF - Midi
2. Soll mich die Amsel und soll mich die Lerche beschämen?
Sang ist ihr Leben und freudiges Lob ohne Grämen.
Schweigest nur du,
Seele, berufen dazu,
Gnade um Gnade zu nehmen?
3. Ist nicht dein Frühling, der himmlische, dir auch erschienen?
Sahst du die Auen der Hoffnung in ihm nicht ergrünen,
der bis ins Grab
kam aus den Himmeln herab,
all deinen Jammer zu sühnen?
4. König des Himmels und Freund einer sündigen Seele!
Jeder Gedanke und jede Empfindung erzähle,
was du mir bist,
wie mir ein Lebensstrom fließt
aus der Erbarmungen Quelle.
5. Lass mich dich loben! Ich weinte dir lange nur Klagen,
wähnte dich hart, wenn aus Liebe du Wunden geschlagen,
habe die Hand
ewiger Güte verkannt,
irre von Sorgen und Zagen.
6. Doch wie der Winter von starrenden, schneeigen Höhen
spurlos zerrinnt, wenn sie Lüfte des Frühlings umwehen,
also entfliehn,
gibst du dem Herzen dich hin,
all seine starrenden Wehen.
7. Gib mir die Harfe und lass mich der Himmlischen Lieder
fernher vernehmen – sie hallen im Tränental wieder –
Engelgesang!
und der Erlöseten Dank
schwebe hinauf und hernieder.
8. Schön ist die Schöpfung, die, ewiges Wort, du gegründet;
wundervoll hast du die Berge und Täler geründet,
Frühlinges Pracht
hat wie der Tag und die Nacht,
längst deinen Namen verkündet.
9. Aber wir fielen, – und göttlicher konnte dein Walten
sich in dem Elend des sünd'gen Geschöpfes entfalten.
Ewige Treu
schuf das Zerrüttete neu,
wollte Verlornes erhalten. –
10. Lamm, das gelitten, und Löwe, der siegreich gerungen,
blutendes Opfer und Held, der die Hölle bezwungen!
Brechendes Herz,
das sich aus irdischem Schmerz
über die Himmel geschwungen!
11. Du hast in schauriger Tiefe das Höchste vollendet,
Gott in die Menschheit gehüllt, dass sein Licht uns nicht blendet!
"Würdig bist du,"
jauchzt dir die Ewigkeit zu,
"Preises und Ruhms, der nicht endet."
12. Himmlische Liebe, die Namen der Erde nicht nennen,
Fürst deiner Welten, den einst alle Zungen bekennen!
Gingest du nicht
selbst in der Sünde Gericht,
Sünder entlassen zu können?
13. Über des Todes umnachteten, graunvollen Klüften
schwangst du die Palme des Siegers in himmlischen Lüften.
Wer an dich glaubt,
trägt nun, von Hoffnung umlaubt,
ewiges Leben aus Grüften.
14. Menschensohn, Heiland, in dem sich das ewge Erbarmen
milde zu eigen gegeben den schuldigen Armen:
dir an der Brust
darf nun in Leben und Lust
jedes Erstarrte erwarmen!
15. Wahl voller Wunder! – der einzige Reine von allen
eint sich mit Seelen, die sündig im Staube hier wallen,
trägt ihre Schuld,
hebt in unendlicher Huld
das, was am tiefsten gefallen.
16. Mir auch ist süß überwindend dein Rufen ertönet,
auch dieses feindliche Herz hat dein Lieben versöhnet;
Herr, deine Hand,
zu den Verirrten gewandt,
hat mich mit Gnade gekrönet.
17. Lobe den Herrn, meine Seele! Er hat dir vergeben,
heilt dein Gebrechen, legt in dich ein ewiges Leben;
Frieden im Streit,
Wonnen in irdischem Leid
weiß dir dein Heiland zu geben.
18. Hoffnung und Liebe, sie tragen auf himmlischen Flügeln
dich in das Land der Verheißung, zu sonnigen Hügeln,
wo deine Wahl
dort in der Ewigkeit Strahl
Lieb und Erbarmung besiegeln.
19. Dort ist die Stätte der schauenden Wonne bereitet, –
selig schon hier, wo der Glaube im Dunkeln noch streitet,
labt uns sein Blick,
der zu dem Vater zurück
Welten Verlorener leitet.
20. Schmilz, o mein bebender Laut, in die seligen Chöre
seiner Gemeinde, getrennt noch durch Länder und Meere,
doch durch das Band
himmlischer Liebe umspannt,
eins zu des Ewigen Ehre!
21. Flöte, Natur, in des Frühlings beginnendem Wehen!
Singe, du Welt, die das Werk der Erlösung gesehen!
Jauchze, du Heer,
dort am kristallenen Meer:
"Ehre sei Gott in den Höhen!"
Meta Heusser-Schweizer, Gedichte, 1898, 23-28.