Christ My Song - 1492
Was hat die Welt für wahre Freude? - Die Eitelkeit der Welt
(Carl Johann Philipp Spitta/Johannes Thomas Rüegg)
Die Eitelkeit der Welt.
1. Was hat die Welt für wahre Freude?
Ist alles, was sie gibt, nicht Schein?
Ist nicht ihr Glück ein schwach Gebäude,
das über Nacht vielleicht stürzt ein?
Wie lastet ihre Not so schwer,
wie lässt doch ihre Lust so leer! PDF - Midi
2. Ihr Leben ist ein nutzlos Ringen,
ein niemals ausgekämpfter Streit,
ist Müh und Arbeit ohn Gelingen,
ein ungestilltes Herzeleid,
ein Schlaf, der nie Erquickung beut,
ein Tod, der täglich sich erneut.
3. Bald klagt man über Langeweile
und mühet sich um Zeitvertreib;
bald klagt man, dass die Zeit so eile,
und seufzt: du schöne Zeit, ach bleib!
Bald wünscht man sich von hinnen, bald
hier einen ewgen Aufenthalt.
4. Bald trinkt man Gift aus goldnen Schalen
der Weltlust und der Schmeichelei,
bald zieht man für Gewissensqualen
aus der Zerstreuung Arzenei;
bald treibt man mit dem Höchsten Spott,
bald klagt und murrt man wider Gott.
5. Wie bleibt bei allem Überflusse
der Kopf so hohl, das Herz so leer,
wie ziehet hinter dem Genusse
der ekle Überdruss einher:
man prasst und schwelgt und wird nicht satt,
man ruht sich aus und bleibt doch matt.
6. Man sorgt, dass nichts dem Leibe fehle,
die Hütte schmückt man reich und schön,
doch die Bewohnerin, die Seele,
lässt man verschmachten und vergehn;
und wenn man draußen tobt und schwärmt,
sitzt sie daheim, still, abgehärmt.
7. Und wenn man lange unbekümmert
dahingelebt, von Gott gewandt,
so kommt der Tod heran, zertrümmert
die Hütte mit gewalt'ger Hand
und stößt die Seele aus der Zeit
hinüber in die Ewigkeit.
8. O Gott, lass mich der Welt entfliehen
und dein in Jesus Christus sein,
lass mich der Welt das Herz entziehen,
so zieht ein göttlich Leben ein,
so bin ich, von der Welt umstellt,
wohl in, doch niemals von der Welt.
Carl Johann Philipp Spitta, Psalter und Harfe, 77-79.